Das grosse Interview

Heute vor einer Woche, ziemlich genau in einer Stunde und 47 Minuten, fiel der Startschuss für meine kleine Vernissage im Kiosk Quellenstrasse. Alles hat wunderbar funktioniert. Und vor allem: Ich stand nicht alleine da! Solltet Ihr aus irgend einem guten Grund nicht an meiner Vernissage vorbei geschaut haben, sollte ich euch nicht gesehen haben oder ihr wart zu früh oder zu spät vor Ort, stell ich euch gerne mein Bild "Süsse Versuchung im Kiosk vor:
tom k. "Süsse Versuchung im Kiosk" 2012 (1400x1320mm)
Inkjet auf Papier, 2 1/2 dimensional-Collagentechnik

Interview zwischen Maya Minder und tom k.:
Einzelausstellung in der Werbefläche
„Süsse Erinnerungen im Kiosk“ tom k.
27. September - 1. November 2012 

Maya Minder: Lieber tom k. du stellst in der Werbefläche ein Bild aus, das du mit Deinen eigenen Worten als 2 1/2-dimensional bezeichnest. Als ich diese Bezeichnung zum ersten mal hörte, fragte ich mich was genau 2 1/2 dimensional bedeutet, macht aber völlig Sinn wenn man Dein Bild live sieht.
Wie bist du auf die Bezeichnung gekommen?

tom k.: Ich habe erst meine Technik für mich gefunden, um der Realität in meinen Bildern ein Stück näher zu kommen. Mir war aber klar, dass dies eine 3-Dimensionalität nur vorgaukelt. Nicht 3D, aber auch nicht nur 2D, also irgendwo dazwischen. Nach dieser Erkenntnis lag für mich die Bezeichnung auf der Hand, was meine Technik am besten erklärt.
MM: Das heisst, Du hast in Deinen Collagen eine Technik gefunden, welche die Fotografien, die Du von der Realität schiesst, mit den Bildern, die Du in Deinem Kopf trägst, vereinen können. Du trickst so zu sagen die mimetische Fotografie aus. Das find ich spannend, weil bspw. unserer Kindheitserinnerungen hauptsächlich durch Fotografien aus dem Familienfotoalbum geprägt werden. Susan Sontag sagte schon, wir seien so weit, dass wir erst durch die Betrachtung einer Fotografie, uns wirklich in etwas hineinversetzten können. Deine Fotoretuchen kann man also als eine Umkehrmechanismus verstehen, der uns bewusst macht, dass wir uns im Raum bewegen. Gehst du gerne ins 3D Kino?
TK: Absolut! Hammer! Avatar hat mich weggeblasen. Meine Welten sind sozusagen ja auch virtual reality. Ich kann mit meinen Fotoretuchen machen, was ich will. 2 1/2 Dimensional ist irgendwie ja 3D, einfach ohne die lustige Brille. Klar, etwas übertrieben, aber es hat doch was. Meine Technik hilft mir, und schlussendlich dem Betrachter, sich in eine Welt, an einen Ort zu begeben. Was natürlich ein gutes Foto genau so kann. Doch liegt meine Stärke ja nicht in der Fotografie...
MM: Du hast zuvor schon viele Bilder in dieser Technik verwirklicht, unter anderem die Plattenläden, oder die Serie von ganzen Strassenzügen in San Francisco oder auch in Zürich. Es sind immer wieder Bilder von dichten Orten. Was interessiert dich daran?
TK: Ich liebe Plattenläden. Eine geballte Ladung an Erinnerungen auf so kleinem Raum. San Francisco ist einfach eine wunderbare Stadt. Um auf die dichten Orte zurück zu kommen, wenn ich zum Beispiel eine Strasse entlang gehe, erfahre ich in jedem Augenblick eine totale Reizüberflutung. Hier ein Haus, ein Auto, ein Strassenschild, Werbung, Musik... Viele Orte können in dem Sinn dicht sein, wie du es nennst. Es gibt überall eine Unmenge zu sehen, zu erfahren, wenn man will, man kann auf Entdeckungsreise gehen. Man muss sich einfach darauf einlassen.
MM: Es sind Orte, in denen Erinnerungen eingeschrieben sind, mit viel Eindrücken, die sofort wieder neue Assoziationen hervorrufen. Darum auch der Titel der Arbeit „Süsse Erinnerungen im Kiosk“. Was hat Dich am Kiosk gereizt eine Fotoretuche herzustellen?
TK: Der Kiosk ist wohl der „dichteste Ort“ den ich nun komponiert habe. Eine Totale Überdosis an Logos, Marken, Farben, Artikeln, etc. Bis vor kurzem war der Kiosk für mich ein Ort, an den ich ging wenn ich etwas brauchte. Doch mit der Auseinandersetzung damit, ist mir bewusst geworden, dass in diesen Süssigkeiten so viele meiner Erinnerungen stecken. Ich als Grafiker liebe Verpackungen.
MM: Stimmt, Du kommst ja schliesslich aus der Grafikerwelt, bist freischaffender Grafiker, Art Director und Creative Director. Am Anfang Deiner Ausbildung stand der Vorkurs an der Kunsthochschule Luzern. Hast du damals schon viel gebastelt?
TK: Damals, mit 17 Jahren war ich sehr jung für diesen Vorkurs. Was meinst du mit gebastelt?
MM: 17 ist Blutjung, das stimmt. Deine Bilder sehen nach sehr viel Aufwand auf, wie lange arbeitest Du jeweils an einem Bild?
TK: Bleiben wir noch kurz beim Basteln. Ich lernte in Luzern das Arbeiten mit Ton, Mit Holz, das Aktzeichnen, Farbenlehre, Architekturzeichnen, überall gab es einen Einblick, es war eine sehr spannende Zeit. Ich war schon immer ein Perfektionist. Ich konnte stundenlang Farbstiftzeichnungen machen, sehr detailliert. Was ich nun mache ist nur Mittel zum Zweck. Ziemlich aufwendig, ja stimmt. Die Basis meiner Bildkompositionen bilden ja hunderte von Einzelfotos, aufgenommen aus verschiedenen Perspektiven, die alle wieder zum Ganzen zusammenretuchiert werden. Also keine Fotos mit Weitwinkel, kein 360¡ Rundumsicht App, das ist noch alles Handarbeit. Damit erreiche ich auch eine enorme Tiefenschärfe in meinen Bildern. Alles ist in etwa gleich scharf. Ein bisschen HD TV
Was wolltest du wissen? Ach ja, wie lange ich für ein Bild brauche. Also für den Kiosk waren es ca. 120 Stunden. übrigens, ich bastle mit meinem Sohn...
aber nimms dir nicht übel.
MM: Das heisst, Du verbringst viel Zeit mit, oder in einem Ort. Das spürt man auch in Deinen Bildern. Hast Du schon Pläne für ein nächstes Bild?
TK: Zurzeit Arbeite ich an einem Springsteen Konzert, welches ich diesen Sommer in Mailand besucht habe. Auch ein dichter Ort, ein riesen Stadion, eine gigantische Bühne, eine unglaubliche Stimmung. Dies versuche ich nun für mich festzuhalten, genau diesen Augenblick. Ebenfalls arbeite ich auch an einer wunderbaren Strasse in Affoltern am Albis. Und eigentlich träumt‘s mir von San Francisco. Bisher habe ich ja meine San Francisco Strassenbilder mit google street view „gebastelt“...was auch seinen Reiz hat. Doch wäre es wieder mal an der Zeit, Vergnügen mit Arbeit zu verbinden und zu verreisen. und und und..aber davon erzähl ich dir mal unter 4 Augen...
MM: Wir sind gespannt und freuen uns auf Weiteres. Herzlichen Dank für das Interview.
TK: Ich bedanke mich.

Zürich, 26. September 2012
Die Werbefläche ist ein Ausstellungsprogramm im 
Schaufenster des Kiosk Quellenstrasse, kuratiert von 
Maya Minder
Mit freundlicher Unterstützung von Joe Bürli
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